ELBE – Ethos im Lehrberuf

Projektleitung

Michael Schratz (Universität Innsbruck)
Malte Brinkmann (Humboldt-Universität zu Berlin)

Weitere beteiligte Personen / Institutionen

Gabriele Schauer (Universität Innsbruck)
Severin Sales Rödel (Humboldt-Universität zu Berlin)
Eveline Christof (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien)
Evi Agostini (Universität Wien)
Johanna F. Schwarz (Universität Innsbruck)
Robert Pham Xuan (Universität Innsbruck)

Kurzbeschreibung

Das von der Robert Bosch Stiftung geförderte Projekt soll einen Beitrag zur Professionalisierung angehender Lehrkräfte leisten. Im Fokus des Projekts steht das pädagogische Ethos, das durch die Implementierung spezifischer Seminareinheiten und Reflexionsangebote in das Lehramtsstudium an mehreren Standorten (Universität Innsbruck, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und Universität Wien, Humboldt-Universität zu Berlin) bei angehenden Lehrpersonen herausgebildet werden soll.

Schlagworte

Ausführliche Beschreibung

Die Frage nach dem Ethos angehender und bereits praktizierender Lehrkräfte ist zentral für Aus- und Weiterbildung, wird jedoch in gängigen Kompetenzmodellen der Lehrerinnenbildung kaum abgebildet. Das Projekt zielt auf die Erstellung eines Manuals zum Einsatz in Seminaren der universitären Lehrerinnenbildung und somit in der Lehrerinnenbildung NEU. Das Manual umfasst Anregungen zur Reflexion von schul- und unterrichtsbezogenen Beispielen und praktischen Handlungsproblemen, deren übende Bearbeitungen eine Ausbildung des professionellen Lehrerinnenethos begünstigen. Im Projekt wird versucht, angehenden Lehrkräften die Reflexion des eigenen Ethos als jeweils domänenbezogene Entwicklungsaufgabe näher zu bringen, die quer zu anderen Professionalitätsdomänen von Lehrkräften liegt. Als Ausgangspunkt dient hier das bereits in Kontexten der Lehrer*innenbildung erprobte und implementierte Professionalisierungsmodell der EPIK-Domänen (Paseka/Schratz/Schrittesser 2011)

Dokumentenanalyse: In einem ersten Schritt wurden in der Lehrerinnenbildung entstandene Portfolios nach projektbezogenenen Kriterien gesichtet und daraus Situationen in der Lehrerinnenbildung, denen ethische Entscheidungen zugrundeliegen, analysiert.

Befragung und Handlungsforschung: Daraus resultierend wurde ein Manual zur Einübung und Implementierung von Ethos im Lehrberuf erstellt, in der Lehre angewandt und anschließend Lehrende dazu befragt sowie Beobachtungen in den Seminaren durchgeführt, um entsprechend Rückschlüsse für Ethos in der Ausbildung sowie für die Adaptierungen des Manuals ziehen zu können.

Die theoretische Rahmung zu den Begrifflichkeiten Ethos sowie der zugrundeliegende Professionalisierungsprozess konkretisiert an den EPIK-Domänen wurde im Vorfeld festgelegt. (Paseka, A., Schratz, M., & Schrittesser, I. 2011; Schratz, M., Schrittesser, I., Forthuber, P., Pahr, G., Paseka, A., & Seel, A. 2008; Oser, F. 1998; Brinkmann, M. 2017) Auch das Projekt von Zierer, Weckend und Schatz ist hervorzuheben, in dem mittels statistisch-quantitativer Methoden Einstellungen von Lehramtsstudierenden zu bestimmten Haltungen (Dialogbereitschaft, Herausforderung der Schülerinnen, Kollegialität etc.), die in pädagogischen Situationen relevant werden, abgefragt wurden. Die jeweiligen Haltungen – ebenfalls ein Dekalog – wurden in Bezug auf Hatties Meta-Studie „Visible learning“ entwickelt (Zierer 2014) und stehen als normative Zielsetzung eines Professionalisierungsprozesses.

Parallel konzipierte Rahmung: Dieses ELBE-Projekt unterscheidet sich insofern vom Ansatz Zierers et al., das hier nicht aus bestehenden Studien deduktiv Normen für einen Lehrer*innenethos abgeleitet werden, sondern induktiv aus bestehenden pädagogischen Erfahrungsberichten Situationen und Kategorien herausgearbeitet werden, in denen die Dimension `Ethos‘ eine Rolle spielt. Im Projekt „Ethos im Lehrberuf/ELBE-Manual“ werden die jeweiligen Beispiele nicht als normative Handlungsempfehlungen gesetzt, sondern als Reflexionsanlässe, um das eigene Ethos mit den jeweiligen anderen Dimensionen der Professionalität ins Verhältnis zu setzen.

Professionalisierung: Mit den bereits entwickelten EPIK-Domänen (Paseka, A., Schratz, M., & Schrittesser, I. 2011) liegt ein theoretisches Modell zur Professionalisierung von Lehrer*innen vor, welches als Grundlage für die Entwicklung des hochschuldidaktischen Manuals dient. Diese Domänen decken zentrale Bereiche des Wissens und Könnens von Lehrkräften ab. Im Projekt sollen diese Bereiche jeweils in Bezug auf eine entsprechende Haltung bzw. ein Ethos ausdifferenziert werden und mit der Frage nach dem Einüben des Ethos verbunden werden.

Rahmenbedingungen und Gestaltung der Ausbildung: Persönliche Berichte aus dem schulischen Geschehen von Studierenden, die ein Praxissemester absolviert hatten, wurden in den studienbezogenen Portfolios ausgewertet. Sie bilden die Grundlage für die Validierung der Ethos-Dimensionen. Zudem wurden Praxisbeispiele aus den Erfahrungsberichten gesammelt, die anonymisiert und didaktisiert in das Manual eingehen können. Daraus resultierend wurde eine erste Version des Manuals erstellt, das von Dozierenden für den Einsatz in der Lehre erprobt werden soll.

Wirkungen spezifischer Maßnahmen: Mitarbeiterinnen des Projekts hospitieren in einer Erprobungsphase in Lehrveranstaltungen und führen Dozierenden- und Studierendenbefragungen zur Wirkung des Manuals durch. In Arbeitstreffen der Projektgruppe wird das Manual ausgewiesenen Wissenschaftlerinnen vorgestellt und Feedback eingeholt. Das Manual wird im Rahmen dieser Feedbackschleifen adaptiert und durch weitere (optionale) Beispiele und Materialien angereichert. Die finale Version des Manuals wird in hochschulöffentlichen Workshops interessierten Dozierenden vorgestellt, um eine möglichst breite Streuung und einen weitreichenden Einsatz in Lehrveranstaltungen der Lehrerinnenbildung zu ermöglichen. Das Manual soll in digitalisierter Form zum kostenlosen Download bereitgestellt werden (open access). In einer abschließenden Arbeitstagung/Veranstaltung wird das Manual und erste Erfahrungen aus der Hochschullehre der wissenschaftlichen Community und ggf. auch Vertreterinnen der staatlichen Lehrer*innenbildungsseminare und der Bildungspolitik vorgestellt.

Das Projekt besteht als Kooperationsprojekt der Universitäten Innsbruck, Wien, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und Humboldt-Universität zu Berlin. Innerhalb der Universitäten werden bestehende Kooperationen genutzt.
In Berlin umfasst dies die enge Kooperation mit dem Interdisziplinären Zentrum für Bildungsforschung (geschäftsführender Direktor ist Malte Brinkmann). Zudem kann die Kooperation mit der Professional School of Education (PSE) genutzt werden, um die Kommunikation mit Dozierenden der Lehramtsstudiengänge effizient zu gestalten. An der PSE existiert zudem Expertise im Bereich der hochschuldidaktischen Begleitforschung (C. Saunders, K. Koerbs). Hier kann bei Bedarf Feedback und Beratung eingeholt werden. Durch die direkte Einbindung der Innsbrucker Projektgruppe in das Institut für Lehrerinnenbildung und Schulforschung kann auf ein breites Netzwerk an Forscherinnen zurückgegriffen werden, die im Bereich der Professionalisierungs- und Schulforschung ausgewiesen sind. Die Universitäten in Wien sind aufgrund beruflicher Veränderungen einzelner Projektmitglieder entstanden.

Implizite Überlegungen der Studierenden zum eigenen Ethos wurden bereits strukturiert und somit eine Sammlung von Situationen aus der Lehrer*innenbildung nutzbar gemacht.

Ebenso wurde die thematische Rahmung des Ethos durch wissenschaftliche Diskurse geformt und konkretisiert. Das Manual ist in einer ersten Version vorliegend, die Anwendung und Kontrolle der Handhabung wird gerade untersucht.

Publikationen, Vorträge, Links

  • Agostini, Evi; Bube, Agnes (2021): Ethos und Wahrnehmung. Zur Heranbildung einer pädagogischen Achtsamkeit und Zuwendung am Beispiel eines hochschuldidaktischen Konzepts in der Lehrerinnenbildung. Journal für LehrerInnenbildung, 21(3), S. 64-73. DOI: 10.25656/01:23551
  • Brinkmann, Malte; Rödel, Severin Sales: Ethos im Lehrberuf. Haltung zeigen und Haltung üben – In: Journal für LehrerInnenbildung 21 (2021) 3, S. 42-62 – URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-235504 – DOI: 10.25656/01:23550
  • Christof, Eveline; Obex, Tanja; Pham-Xuan, Robert; Schauer, Gabriele; Schratz, Michael & Simeonidis, Vasilieios (2020) Professionsspezifische Haltungen in der Lehrerinnenbildung. Was zeigt sich in der Ausbildung? In: Journal für LehrerInnenbildung 20 (2), S. 52-65, Volltext: Professionsspezifische Haltungen in der Lehrerinnenbildung. Was zeigt sich in der Ausbildung? (pedocs.de)
  • Christof, Eveline & Obex, Tanja (2021): Pädagogisches Ethos Beiträge zur Professionalisierung von Lehrerinnen Bibliografie: Editorial. journal für lehrerInnenbildung, 21 (3), 7-12. https://doi.org/10.35468/jlb-03-2021-edi
  • Christof, Eveline (2021): Was pädagogisches Ethos nicht ist. Wie Lehrerinnen sich der Übernahme von Verantwortung für ihre Schülerinnen entziehen. journal für lehrerInnenbildung, 21 (3), 84-95. https://doi.org/10.35468/jlb-03-2021-06
  • Obex, Tanja (2021): Der strukturelle Ort des pädagogischen Ethos. Beitrag zu einer Theorie professionellen Handelns von Lehrer*innen. journal für lehrerInnenbildung, 21 (3), 96-107. https://doi.org/10.35468/jlb-03-2021-07
  • Paseka, A., Schratz, M. & Schrittesser, I. (2011). Professionstheoretische Grundlagen und thematische Annäherung. Eine Einführung. In M. Schratz, A. Paseka & I. Schrittesser (Hrsg.), Pädagogische Professionalität: quer denken – umdenken – neu denken. Impulse für next practice im Lehrerberuf (S. 8–45). Wien: Facultas.

Kontakt

Gabriele.Schauer@uibk.ac.at